Abreise
140 von 1000 Meilen bin ich bereits gesegelt, um meinen Hochsee-Skipperschein zu kriegen. Nicht so rosig. Da hilft nur ein Meilentörn, eine Überführung von Sardinien nach Sizilien, 500 einfache Meilen im Mittelmehr im Frühsommer – cool. Segeltörn Italien.
Im letzten Moment bevor ich die Wohnung verlasse schmeisse ich noch einen warmen First-Layer, Tracking-Socken und eine Wollmütze in den Rucksack. Man weiss ja nie.
Meinen Tag vor dem Einschiffen nutze ich für einen kleinen Roadtrip über Sardinien, von Olbia nach Cagliari. Leider macht mir das Wetter nach dem Mittag einen Strich durch die Rechnung – es regnet. Kalter Regen. Ich befürchte Schlimmes. Segeltörn Italien.
Tag 1 – Die Ernüchterung
Oh man – warum habe ich die Handschuhe nicht eingepackt? Ich hatte mit Badehosen-Segelwetter, lauschigem in den Bugnetzen-hängend-ein-Buch-lesend Chill und einer leichten Brise gerechnet – aber bei 11° C., Regen und Wind geht es in Cagliari im Süden Sardiniens los – eine östliche Überfahrt zu den liparischen Inseln wäre geplant gewesen. Da wir aber Süd/Südostwind haben und ein Katamaran nur mit 55° am Wind segeln kann, müssen wir südwärts segeln – Richtung Tunesien, und da dies ein bedeutender Umweg bedeutet, segeln wir nicht 12, nicht 24, sondern 48 Stunden am Stück. Bei peitschendem Regen und starken Winden um die 25-30 Knoten (5-6 Beaufort) kämpfen wir uns hart am Wind gegen die Wellen (ich weiss – es tönt dramatisch, aber war leider so) und nach 4 Stunden erlebe ich etwas, was ich noch nie kannte – Seekrankheit! War’s das mit meinem Traum vom Skipperschein? Sobald ich die Augen vom Horizont nehme und ein Segel trimme, ist es vorbei mit der Herrlichkeit. Mein Skipper verordnet mir Stuggeron und horizontal liegen in der Koye, denn um Mitternacht fängt meine 3-stündige Nachtwache an. Ok, niemand hat damit gerechnet, dass ich auftauche aber Punkt null Uhr stehe ich mit Regenjacke und Regenhose (wer braucht denn schon Ölzeug im Mittelmeer pfft) am Kartenplotter (=digitale Seekarte) und Steuerrad und übernehme die Schicht.
Und siehe da – die Seekrankheit ist weg und kommt nicht wieder. Dafür hört der Regen auf, der Himmel öffnet sich, ein prächtiger Sternenhimmel präsentiert sich abseits sämtlichen Licht-Smogs und eine Sternschnuppe zeigt mir symbolisch den Weg nach Sizilien. Oh man ist das kitschig, ich würde es keinem glauben, der so einen Quatsch schreibt, aber es ist so. Das ist der Reiz des Segelns! Segeltörn Italien.
Tag 2 – Der Skipper nimmt Stuggeron
Der Tag beginnt traumhaft – jedoch werden die Wellen grösser, dafür schwimmen Schildkröten und sogar ein Wal an unserem Schiff vorbei, doch dies ändert sich schnell. Der nächste Sturm rollt an und wir heben 2-3 Meter ab und klatschen auf’s Wasser – immer und immer wieder. Jetzt ist sogar der Skipper froh um Medikamente. Mir geht es gut und ich übernehme zwei Nachtschichten. Trotzdem ist zwischendurch nicht an Schlaf zu denken.
Eine Stunde nachdem ich die zweite Schicht übernehme – um 06:15 Uhr bei Sonnenaufgang – erspähe ich das nordöstliche Kap Siziliens – Capo Lo Vito. Der Skipper bringt mir eine Tasse frischen Kaffee, die See beruhigt sich und alles ist gut – sehr gut, sogar. Und wieder erlebe ich etwas Ungewöhnliches – eine Freudenträne. Das Handy zeigt endlich wieder Netz an und ich schicke ein Lebenszeichen in ein bestimmtes Surfcamp in Fuerteventura.
Tag 3 – Erholung bitte!
Alles ist gut. Wir liegen in der Marina von Capo Lo Vito und bringen Crew und Schiff auf Vordermann. Backbord hatte ein bisschen Wassereinbruch, einige Kleinteile müssen repariert und gewartet werden. Der Anleger-Drink ist hochverdient. Die Marina-Dusche ist herrlich warm, wenn auch zu kurz, dafür sind die Spagetti al Vongole umso besser.
Tage 4-6 – Jetzt wird’s gemütlich
Die See ist ruhig und der Wind minim, abgeschirmt durch die Hügel Siziliens. Wir segeln oder motoren Richtung Osten, runter durch die eindrückliche Strasse von Messina, welche Italien und Sizilien trennt, zwischen Fischerbooten und Autofähren hindurch.
Endlich montiere ich die Badehose und lege mich mit einem guten Buch vorne in’s Bugnetz – so war das geplant. Naja, bis der Skipper wieder ein Manöver ankündigt und ich mit in die Schwimmweste werfe um Segel zu setzen.
Abends liegen wir vor Anker, geniessen den Sonnenuntergang bei einem Glas Weisswein und setzen dann im Beiboot rüber zum Fischrestaurant.
Tag 7 – Abschied
Mein Segeltörn Italien geht zu Ende. Zeit zum Abschied nehemen. 484 Seemeilen haben wir hinter uns. Immer noch erledigt und mit etlichen Augenringen nehme ich von Riposto aus den Zug nach Catania, wo am nächsten Tag der Flieger zurück nach Zürich wartet.
Ob ich die restlichen Meilen wieder über’s offene Meer mache, weiss ich noch nicht. Aber ich mache sie – bestimmt. Alleine schon für den Sternenhimmel.
[…] Herzens – das erste Mal überhaupt getrennten Urlaub zu machen. Ich machte mich auf nach Sardinien, um einen Überführungstörn nach Sizilien mitzumachen, während Jenny einen Surfkurs auf Fuerteventura gebucht […]
[…] Nach meinem Törn im Frühling von Sardinien nach Sizilien fehlten mir also noch genau 383 Meilen bis zu dieser Grenze. Da war ein Ausbildungstörn von Pomer / Kroatien nach Vieste / Italien und zurück durch die kroatischen Inseln mit veranschlagten 425 Meilen genau das Richtige für mich! Nach sechs Tagen Segeln und drei Nachtfahrten blieb mein Meilenzähler bei 1050 stehen, geschafft! […]
Salü
Ich war eine Woche vor dir von Hyeres nach Cagliari mit Christian. Ähnlich wie du nur waren dies meine ersten Seemeilen. 3m Welle und 6 Bf sowie tollen Sternenhimmel..
Gruss
Werni
Hallo Werni.
Sorry für die späte Antwort, wir sind unseren Blog gehörig am umräumen…
Ja der Trip war schon sehr cool, nächstes Mal würde ich ihn aber wohl ein paar Wochen später machen, damit man auch mal in’s Wasser springen kann 🙂
Was sind Deine weiteren Pläne zum Meilensammeln?
LG
Reto
[…] hier meinen Bericht zum Überführungstörin Sardinien – […]